Samstag, 30. Oktober 2010

Joint am Abend

Sie lagen auf einer Matte im Sand und rauchten einen Joint. Über ihnen neigte sich der Strandhafer sanft im Abendwind.
Es war ein warmer Sommerabend am Meer und der Sand strahlte immer noch eine leichte wohlige Wärme ab.
Der hagere lange Typ mit der blonden Mähne, welche ihm bis weit über die Schultern fiel lauschte auf das Geräusch der Brandung welches in der Stille scheinbar kilometerweit zu hören war, während ein paar einsame Möwen ab und zu dazwischen kreischten.
Seine kleine mollige Freundin kicherte im Rausch vor sich hin und machte lustige Gesichter und Grimassen hinter dem Rücken des Blonden.
 Alles war still und friedlich und die beiden waren fast allein am Strand. Nur weit entfernt bewegten sich ein paar dunkele Silhouetten, welche gemächlich am Wasser entlang spazierten.

Samstag, 16. Oktober 2010

Der Radius wird kleiner

Der Radius wird immer kleiner und die Demenz schreitet rasch fort.
Ich habe Angst vor der nassen Treppe im Bahnhof und fühle mich hoffnungslos verloren im Nahschnellverkehrszug.
Landschaft und Gesichter gleiten vorbei und ich möchte aufstehen und schreien:
Leute, das hier ist kein Zug und keine Straßenbahn! Das ist eine Irrenanstalt und ich bin Euer Arzt!
Ich habe hier zwei Kapseln in meinen Händen - eine rote und eine blaue. Wer von mir die Rote nimmt wacht auf in die Realität und begreift daß er nur Patient ist. Patient in einem Irrenhaus.
Wer aber die Blaue nimmt schläft einfach weiter im rasenden Zug.
Die Realität bietet eine theoretische Chance auf Heilung - auch wenn die Flure der Anstalt trist und kahl sind.
Der Schlaf bietet keine Erleichterung, denn die Welt dreht und dreht sich immer schneller voran - und das Vertraute schwindet mehr und mehr dahin wie ein dünner Rauch im Wind.
Chaos zieht am Horizont herauf, die Ordnung ist nur noch das Recht des Stärkeren.
Irgendwo im Dreck überleben ein paar wenige Menschen. Echte Menschen. Der Rest treibt seelenlos dahin - in den schmutzigen Fluten des bedenkenlosen Konsums und der Zeit....

Freitag, 10. September 2010

Der Mann, der um sein Leben schrieb

Mit hektisch flackernden Augen haute er in die Tastatur seines PCs. Er war getrieben, aber er wußte nicht von wem oder was. Das Einzige was er wußte war: "Es geht um mein Leben! Wenn ich jetzt aufhöre zu schreiben, falle ich kraftlos und tot vom Stuhl."
Er MUSSTE schreiben. Es musste aus ihm heraus - die Vorstellungen und Gedanken, welche innerlich in ihm hochstiegen und auf seine Nervenbahnen einprasselten.
Während er schrieb fühlte er sich angeschlossen an eine pulsierende Lebenskraft, die ihn völlig durchströmte. Er war nur Kanal. Kanal für etwas oder jemand.
Merkwürdig - dieser unsichtbare jemand oder diese unsichtbare Lebenskraft war er eigentlich selbst. Es waren tiefe Quellen und Brunnen in ihm, welche aufgebrochen waren und er musste schreiben, schreiben schreiben....

Montag, 9. August 2010

Meine Dämonen

Die Dämonen,die, von außen an meinem Fenster kleben - wollen doch auch nur leben, wollen auch nur leben.
Sie hämmern und schrauben an meinem Fenster herum, sind unzufrieden mit sich, der Welt und Gott. Sie wollen mein Leben stehlen. MEIN!
Der Herr der Fliegen ist selber sehr arm und kann ihnen nichts geben. Sie gehorchen ihm zwar - weil sie wohl müssen - aber nicht sehr gern. Sie wollen selber leben.
Aber weil es dort in ihrer Welt so gar nichts Lebendiges gibt - kein Feiern, keine Lust - da wollen sie an meine Venen in ihrem Überdruss.
Sie möchten gern saugen und sich laben an meinen Eingeweiden, mir zum Schaden.
Die armen Dämonen die von außen an meinem Fenster kleben - wollen auch nur leben, wollen auch nur leben.


Broken needle in a broken vein - all the same, all the same.

Montag, 10. August 2009

Die goldene Vergangenheit

Was war das Leben spannend damals - was haben wir gelacht!
Was haben wir gelacht, als wir im Auto vor dem Maulwurf kifften und der Qualm die kleine Kabine völlig vernebelte.
Ja mei, war das lustig.
Wie spannend war das Leben noch, als wir unseren ersten LSD-Trip nahmen und die Musik losging.
Was haben wir gelacht - wie cool haben wir uns gefühlt mit unseren langen Haaren.

Heimlich verschleppt

Neulich nacht hat man mich abgeholt während ich schlief. Irgendjemand ist der Meinung, daß ich besser zur Insel Depressiva passe, als zur Insel Musica.
Als ich die Augen aufschlug, war alles wie immer. Sonnenschein im Garten, die Vögel zwitscherten, aber irgend etwas stimmte nicht an dem Bild. Etwas war falsch daran.
Ich schüttelte den Gedanken ab und machte "business as usual"
Aber alles lief nicht mehr so richtig rund.
Dann bemerkte ich neulich, daß mein Garten aus Wänden von Pappe mit aufgedruckten Fotos von Bäumen und Büschen bestand. Die Vogelstimmen kamen von einem endlos-Tonband.

Die Insel Musica

Neulich ging überraschender Weise ein Schiff von der Insel Depressiva nach Musica. Ich ergriff die Gelegenheit, dort meinen Urlaub fortzusetzen...


Die Insel Musica ist viel schöner als Depressiva. Die Tage sind hell und freundlich und die Nächte nicht so lang.
Es gibt viel Leckeres und leichtes zu essen. Mediterran eben. Der Wein ist rot, schwer und rinnt feurig die durstige Kehle hinab.
Der Rausch aber ist leicht, beschwingt und angenehm. Es gibt keinen Kater am nächsten Tag. Im Gegenteil - man wacht frisch und munter auf und hat den Kopf voller neuer Ideen.
Alte Gitarren restaurieren, die Stereoanlage aufpeppen und ständig neue Melodien verspeisen.
>Ach, das Leben ist wieder eine Lust!
Hier lässt es sich leben, hier könnte ich bleiben... und der Tag der Abreise liegt noch in weiter Ferne!

Urlaub auf Depressiva

Habe lange nix geschrieben
bin im Urlaub auf der Insel Depressiva
die Nächte dort sind lang und dunkel
auch am Tag wird es nur langsam hell
bin irgendwie versunken
auftauchen geht auch nicht so schnell
hab heut nacht mit Gott geredet
das war wunderschön
sein Licht hat schon fast geblendet
als ich glaubte, daß er mir sagen wollte:
nimm Lebertran, mein Sohn!

Dienstag, 28. Juli 2009

Endstation

Altenheim Gemeinschaftsraum.

Ich sitze bei den Alten am Tisch und schaue in die Runde. Die Alten reden nicht viel. Sie sehen aus, als ob sie auf etwas warten.

Hier ist die Endstation. Wann holt mich jemand ab?

Die Gesichter sind welk, die Lebensfreude meist erloschen. Ein uralter Herr spielt alte Volkslieder auf der Mundharmonika. Einige dünne Stimmen singen freudig mit. Sie erinnern sich an frühere Zeiten.

Sie wirken wie heruntergebrannte Kerzen. Einige flackern schon, wollen bald ausgehen. Einige scheinen noch eine längere Zeit zu brennen. Wirken fröhlich. Andere sitzen nur stumm in ihrem Rollstuhl, brüten farblos über trübsinnigen Gedanken. Eine merkwürdige Leere scheint ihre Augen zu erfüllen.

Mich fröstelt. Ich lese den Herrschaften etwas vor. Bin mir unsicher, ob sie alle fähig sind, das Gelesene aufzunehmen. Eine Dame ist geistig sehr wach, man kann mit ihr über den Text reden. Sie hat nicht nur alles verstanden, sondern strahlt Geist und Würde aus. Die hatte früher sicher mal viel auf dem Kasten.
Und nun sitzt sie hier auf dem Abstellgleis und wartet. Wartet, daß sie jemand abholt.

Am Ende der Lesung wird geklatscht. Es war eine gute, lebendige Geschichte aus der Kindheit. Wir wechseln noch ein paar Worte, dann muß ich gehen.

Ich frage mich, welchen Sinn das Ganze hatte, ein paar alte Herrschaften eine gute Stunde zu unterhalten. Vielleicht verkürzt es die Wartezeit. Oder ist es völlig sinnlos?
Diese Alten sind doch nur noch "Kostenfaktoren", ohne irgend einen Beitrag zur Gesellschaft. Nutzlos, irgendwie. Eine Belastung meistens.

Ich möchte niemals in einem solchen Heim enden, auch wenn die Mitarbeiter sich in diesem Heim rührend um die Bewohner kümmern. Hoffentlich kommt meine "Endstation" rasch und unerwartet.

Ich mag meine alten Zuhörer gern und lese ihnen gerne vor. Ich wünsche mir, daß durch mich einige Tröpfchen der Liebe Gottes in ihr Herz fallen und sie fröhlich machen. Ich wünschte mir, man könnte das Altern und den Tod aufhalten und zurückdrängen. Ich wünschte mir, man könnte sie retten!

Wo werden diese lieben Menschen nach ihrem Tod sein? Bei Gott? In der Hölle?
Ich kann nichts davon erahnen. Mich beschleicht das drückende Gefühl, daß nur eine große Leere, ein großes "Nichts" sie erwartet. Grau und schwer.
Wenn sie so langsam in die Herrlichkeit Gottes herüberdämmern würden, könnte man nicht etwas davon spüren?

Donnerstag, 25. Juni 2009

Der Gedankenproduzent

Er sitzt da in seinem zerschlissenen Sessel.
Es ist die einzige Sitzgelegenheit im Raum.

Die alten, ausgebleichten Tapeten hängen in Fetzen von der Wand.
Dahinter bröckelt der Putz und die Holzdielen liegen zum Teil bloß.

Das Gesicht des Menschen ist mittelalt - vielleicht fünfzig oder sechzig.
Es färbt sich gelblich grau mit eingefallenen in sich gekehrten dunkel geränderten Augen.

Ein boshaftes Lächeln umquält den dünnen Mund. Leise und ganz leicht.
Die Haut schwitzt. Es ist heiß in Chicago.
Doch der Mann scheint die Schweißperlen, die in kleinen Rinnsalen auf Augen und Wangen fließen nicht zu bemerken.

Er ist völlig konzentriert und in sich gekehrt - Die Augen blicken ins Leere.
Über ihm kreist kläglich der müde Rest eines einstmals stolzen Ventilators. Ab und zu bewegt sich eins der spärlichen dünnen Haare des Mannes im leichten Luftzug.

Der Raum ist vermüllt. Überall liegen zusammengeknüllte Zeitungsreste, leere Papiertüten und Essensreste auf dem Boden, dem wackeligen Tisch und der ausgebleichten Anrichte.
Alle Möbelstücke wirken ausgebleicht und staubig. Das einzige Bild an der Wand hängt schief.

Schief hängt auch der Kopf, seltsam entspannt, während die flackernden Augen das einzige Lebenszeichen des Seltsamen von sich geben.
Diese Augen - trübe wie Schmutzwasser und dennoch von einem fahlen Licht erhellt.
Die Kamera zoomt sich langsam näher und näher an diese Augen heran. Schließlich ist nur noch ein einziges Auge im Objektiv zu sehen - näher und näher - nur noch das schwarze Loch der Pupille und dann....

Hinein in einen Strom voller Licht und Leben - ein summendes, brummendes Universum von Elektrizität, Farben und seltsam fließenden Formen. Der ganze Strom fließt zu einer riesigen Matrix voller unverständlicher Zeichen und Symbole.

Davor steht ein Wissenschaftler im weißen Kittel - jedenfalls hält man ihn sofort dafür.
Lächelnd beantwortet er die Fragen der angereisten Gäste und Zuschauer:
"Jawohl meine Damen und Herren, Mr. Smith ist der derzeitige Gedankenproduzent - zuständig für Amerika, Europa und die westliche Welt."

"Und was für Gedanken produziert er so?" fragt ein emsiger Mann mit Presseausweis am Revers.

"Krieg und Frieden, Rassenhass und religiöse Gedanken hauptsächlich. Aber die Wissenschaftler und Philosophen werden auch bedient!"

"Und was ist mit den Medien?" fragt der Reporter weiter.

"Ach die Medien denken doch nicht wirklich selber, die Berichten doch nur und kauen die Gedanken der Künstler, Intellektuellen und Politiker wieder" lächelt der Mann im weißen Kittel.

"Und Sie wollen allen ernstes behaupten, dieser ominöse Mr. Smith produziert die ganzen wichtigen und entscheidenden Gedanken der gesamten westlichen Welt? Für Millionen von Menschen?"

"Eine Zwischenfrage bitte!" ruft eine hektische Dame mit angekautem Kugelschreiber in der Hand. (Laptops und Aufzeichnungsgeräte sind hier nicht erlaubt)
"Und wie -bitteschön- kommen die Gedanken an die Addressaten? Das ist doch völlig unmöglich!"

"Nein, nein Frau Piontek, kein Problem für unsere Matrix - wir arbeiten mit Subraumwellen im ultraflachen Frequenzbereich. So haben wir unbemerkten Zugang in jedes Gehirn auf der Welt - und jeder Mensch glaubt doch wirklich er denke seine eigenen Gedanken."
Bei diesem Satz strahlen die Augen des Wissenschaftlers blau und fröhlich. Er doziert weiter:

"Das heißt allerdings nun nicht, daß alle Gehirne gleichgeschaltet wären - viel zu uneffektiv und Fehleranfällig. Es kommt ganz auf die individuellen Fähigkeiten und die Kapazität des Einzelnen an. Jeder ist halt nur empfänglich für die Art Gedanken, die er auch verarbeiten kann. Aber so bleibt die Illusion der Individualität des Einzelnen völlig intakt. Keine Sau bemerkt, daß er gar nicht selber denkt, sondern quasi nur gedacht wird!" erklärt der Wissenschaftler mit triumphierender Miene.

"Und ist dieser ominöse Mr. Smith überhaupt ein Mensch...oder was ist dieses... Ding?" fragt eine dunkelhaarige Frau mit verrauchter Stimme.

"Tut mir aufrichtig Leid", antwortet der Mann im weißen Kittel freundlich, "Darüber darf ich keine Auskunft geben - Geschäftsgeheimnis!"
Zufrieden blickt der Weißkittel in die Runde. "Sonst noch Fragen?"

Der Gedankenproduzent rekelt sich im Sessel und lächelt leise in sich hinein. Er hat gerade eine großartige Idee an die Börsenwelt geschickt.